299
alle zu ihm über. Da warf sich Lepidus voll Bestürzung und
Schrecken dem Antonius zu Füßen und bat um Gnade für sein
Leben. Octavian schenkte seinem schwachen, gedemüthigten Geg-
ner dasselbe, gebot ihm aber, fortan als Privatmann zu Circeji
zu leben, und ließ ihm nur die Würde eines Pontifer marimus.
So war nun das Triumvirat in ein Duumvirat verwan-
delt, und die römische Welt theilte sich zwischen Antonius und
Octavian. Letzterer sah sich jetzt im Besitze einer bedeutenden
Macht. Sein Landheer zählte 45 Legionen; seine Seemacht
bestand aus 600 Kriegesschiffen und hatte an Agrippa den aus-
gezeichnetsten Befehlshaber. Außer Sicilien nahm Octavian ohne
Schwertstreich auch die alte und neue Provinz Afrika in Besitz,
welche Lepidus verwaltet hatte, und kehrte dann nach Rom zu-
rück, wo ihn während seiner Abwesenheit sein Freund C. Cil-
nius Mäcenas vertreten hatte. Hier wurde er mit den
rauschendsten Freudenbezeugungen empfangen und mit Würden
und Ehren überhäuft, die er in kluger Mäßigung zum Theil ab-
lehnte. Er selbst that Alles, um die Bürger noch mehr zu ge-
winnen und an sich zu fesseln. Abgaben wurden erlassen, manche
Lasten erleichtert und die öffentliche Sicherheit durch zweckmäßige
Vorkehrungen wiederhergestellt, so daß Rom und Italien sich
glücklich fühlten unter seiner umsichtigen Verwaltung. Um das
Volk noch mehr in Ruhe einzuwiegen, versprach er sogar die
Wiederherstellung der Republik, sobald Antonius aus seinem
Kriege mit oen Parthern zurückgekehrt sei.
Um sein Heer zu beschäftigen und seine Kriegeskasse zu
füllen, unternahm Octavian in den Jahren 35 und 34 mehre
Feldzüge gegen die noch nicht völlig unterworfenen Völker in
den jnlischen Alpen und an der illprischen Küste. Er unterwarf
die Japyden, Pannonier und Dalmatier und verschönerte mit
der Beute aus dem letzten Kriege die Stadt Rom. Seine
Freunde, insbesondere Mäcenas und Agrippa, standen ihm hiebei
zur Seite. Während der erstere mit regem Eifer vorzüglich
für den Aufschwung der Künste und Wissenschaften sorgte, ver-
schönerte Agrippa als Ädil (33) die Stadt mit den herrlichsten
Anlagen und Gebäuden, gab die glänzendsten Feste und Spiele
und gewann das Volk durch seine außerordentliche Freigebigkeit 8).
8) Er spendete dem Volke Öl und Salz, eröffnete unentgeldliche Bade-
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Extrahierte Personennamen: Antonius Octavian Antonius Octavian Agrippa Octavian C._Cil- Antonius Octavian Agrippa Agrippa
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Afrika Rom Rom Italien Rom
310
reien, Zöllen und Bergwerken, fügte er eine Steuer auf alle
Gegenstände bei, welche verkauft wurden; ferner Strafgelder
gegen Ehelose und die Abgabe des zwanzigsten Theils von
solchen Erbschafen, die auf Leute fielen, welche keine Nocherben
waren. Zm Verlauf der Zeit wurden alle öffentlichen Einkünfte
ohne Unterschied von dem Fiscus oder der fürstlichen Kammer
und Kriegeskasse verschlungen.
7. Besondere Gesetze wurden zur Verbesserung des
sitttlichen Zustandes des Volkes erlassen, andere bereits vorhan-
dene von Neuem eingeschärft. Namentlich ist hiehin zu rechnen
eine Eheverordnung, 'durch welche der damals immer mehr um
sich greifenden Gewohnheit, unverehlicht zu bleiben, entgegen-
gewirkt werden sollte. Von den Unverehelichten beider Ge-
schlechter wurden besondere Steuern gefordert, Ehescheidungen
erschwert^).
8. Künste und Wissenschaften endlich fanden an ihm
einen warmen Freund und Förderer. Unter ihm blühete das
goldene Zeitalter der römischen Literatur und half ihm seinen
Namen bei der Mit- und Nachwelt verherrlichen. Durch die
Griechen war in Rom der Sinn für das Schöne und für die
erheiternden Künste des Lebens angeregt worden, und unter Au-
gustus wurde die Stadt der Mittelpunkt der gebildeten Welt.
Unter ihm wurden öffentliche Bibliotheken angelegt, und jedes
literarische Verdienst freigebig begünstigt. Seine Freunde, be-
sonders der kunstliebende Mäcenas, standen ihm bei diesem
schönen Streben zur Seite. Wie am Hofe der Ptolemäer, so
entstand auch in Rom eine feingebildete Hofpoefie, welche in öf-
fentlichen Vorlesungen um die Gunst vornehmer Freunde buhlte §).
Eine Reihe von Dichtern, wie Horaz, Virgil, Tibull, Ovid,
Properz, die zum Theil persönlich mit dem Kaiser befreundet
waren, gab der neuen Monarchie einen dauernden Glanz.
tz. 73. Kriege unter Kuguftus.
Augustus war seiner Natur nach den Waffen abhold; er
4) Lex Julia Pappia Poppaea de maritandis ordinibus.
s) Ingenia seculi sui Omnibus modo fovit. Recitantes et benigne
et patienter audivit, nec tantum carmina et historias, sed et oratores
et dialogos. Suet. Oct. 89.
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Extrahierte Personennamen: Horaz Ovid Augustus Julia_Pappia_Poppaea
329
Moldau, Wallachei und Siebenbürgen umfaßt. Den Partnern
nahm er Armenien, Assyrien und Mesopotamien und zog als
Sieger wie ein zweiter Alexander in den Ländern Asiens umher.
Inmitten dieser kriegerischen Bewegung, welche die erschlafften
Kräfte Noms wohlthätig aufgeregt hatte, starb Trajan zu Se-
lineis in Cilicien. Eine noch jetzt in Rom vorhandene 115 Fuß
hohe Denksäule, die Trajanssäule, mit den kaiserlichen
Feldzügen in halberhobener Arbeit auf der äußeren Fläche und
mit dem kolossalen Standbilde des Kaisers auf der Spitze, er-
hält das ruhmwürdige Andenken dieses großen Mannes.
M. Älius Hadrianus (117—138), ein Anverwandter
und Landsmann Trajan's, wurde, vorgeblich durch Adoption,
dessen Nachfolger. Er war friedlich gesinnt und mehr auf Be-
schützung als Erweiterung der Reichsgrenzen bedacht. Daher
gab er die schwer zu behauptenden Eroberungen seines Vorgän-
gers jenseits des Euphrat wieder auf und richtete seine ganze
Sorgfalt auf die Verbesserung der innern Verwaltung. Um den
Staatshaushalt zu erforschen und die Beaufsichtigung der Be-
amten zu erleichtern, bereisete er selbst und zwar größtentheils
zu Fuße drei Jahre lang (120—123) die westlichen, sieben
Jahre lang (124—131) die östlichen Provinzen, ließ Wege des-
sern, Städte verschönern und neue anlegen, und traf überall die
nöthigen Einrichtungen und Verbesserungen. Um das römische
Brittanien gegen die beständigen Einfälle der Völker Schottlands
oder der Caledonier zu schützen, zog er die Grenze desselben et-
was weiter südlich bis an den Solwaybusen und die Mündung
des Tyneflusses zurück und befestigte sie durch einen sechzehn
Meilen langen Wall, der noch jetzt der „Pictenwall" genannt
wird; auch die Rhein-und Donaumarken ließ er befestigen. In
Athen gründete er einen neuen Stadttheil, Hadrianum, in Thra-
kien die Stadt Hadrianopel, in Ägypten Antinoopel zur Ehre
seines Freundes Antinous, der hier im Nil ertrank. Rom selbst
und die Umgegend schmückte er mit herrlichen Werken der Bau-
kunst, unter welchen sich sein kolossales Grabmal, die moles
Hadriani (heutige Engelsburg) auszeichnete. Italien theilte er
in vier Regionen, deren Verwaltung er eben so vielen Consula-
ren übergab. Alle Staats-, Militär- und Hofämter erhielten
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Älius_Hadrianus
394
sunkenen Geschmack ihres Zeitalters. Kürzere summarische Dar-
stellungen gaben Annäus Florus, Justinus, Aur. Victor und
Eutropius. (S. 8. 9.) Die Reihe der eigentlichen Historiker
beschließt Ammianus Marcellinus, ein Grieche aus Antio-
chia, aus dem vierten Jahrhundert. Er schrieb die Begeben-
heiten von Nerva bis Valens in 31 Büchern, von denen die
ersten dreizehn verloren sind; ein zuverlässiger, als Augenzeuge
besonders für Kriegesgeschichte wichtiger Historiker.
In der Beredsamkeit ') stellte sich der römische Ge-
nius von seiner glänzendsten Seite dar. Die Verfassung des
Staates, der lange dauernde Kampf zwischen den Patriciern und
Plebejern, die öffentlichen Gerichte, die Staats- und Volksver-
handlungen waren schon früh die vorzüglichsten Beförderungs-
mittel derselben. Sie galt als nothwendiges Mittel, zu Ehren-
stellen und Einfluß im Staate zu gelangen und wurde deshalb
bald der Mittelpunkt aller höheren Bildung und Wissenschaft. Lange
wurde sie jedoch als bloße Gabe der Natur und als das Werk der zu-
fälligen Bildung einzelner Staatsmänner betrachtet; bis die Römer
durch drei große griechische Philosophen und Redner, den Akade-
miker Carneades, den Stoiker Diogenes und den Peripa-
tetiker Critolaus, welche als Gesandte von Athen im Jahre
155 v. Ehr. nach Rom gekommen waren, auch mit der kunst-
mäßigen Behandlung und dem Studium der Beredsamkeit be-
kannt wurden. Während ihres Aufenthaltes daselbst eröffneten sie
Schulen und entflammten durch die glänzenden Proben ihrer
dialektischen Rhetorik den Geist der römischen Jugend für grie-
chische Philosophie und Beredsamkeit. So sehr auch die ältern
strengen Römer dagegen eiferten und die Errichtung von Red-
nerschulen, aus Furcht, sie mögten dem Staate und den Sitten
gefährlich werden, durch wiederholte Edicte zu verhindern such-
ten, so setzten sich dennoch in Rom nicht nur griechische Rhetoren
fest, sondern C. P l o t i u 6 errichtete um 88 sogar eine lateinische
Rednerschule. Ausgezeichnete Redner waren Cato Censorinus, die
beiden Gracchen, Sulpicius Galba, Ämilius Lepidus, Licinius
Crassus, M. Antonius u. a. Den höchsten Gipfel erreichte die
Beredsamkeit in den letzten Zeiten der Republik durch I. Cäsar,
') Westermann, Geschichte der Beredsamkeit in Griechenland und
Rom. 2 Th. 1835.
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Extrahierte Personennamen: Annäus_Florus Ammianus_Marcellinus Nerva_bis_Valens Cato_Censorinus Sulpicius_Galba Ämilius_Lepidus Antonius Antonius Cäsar Westermann
Extrahierte Ortsnamen: Athen Rom Rom Griechenland Rom
143
richtswesen, indeß jene für die Verwaltung ihre eigenen Beam-
ten, wie Decurionen, Ädilen, ernannte. Das älteste Beispiel
der Art bot Capua.
6. Unterthänige Prüfe et uren dagegen waren solche
Gemeinden, welche ohne alle Selbständigkeit gleichsam auf Gnade
und Ungnade die Oberherrschaft des Siegers anerkannt hatten.
Die Zahl dieser eigentlichen Unterthanen (cleclitieii), deren
Steuern und Leistungen der römische Senat bestimmte, war bis-
her nicht groß. Präfecte standen der Rechtspflege und Ver-
waltung vor.
So bedeutend jetzt schon die Macht und das Ansehen der
Römer war, so herrschte dennoch große Einfachheit und Strenge
in ihrer ganzen Lebensart und Sitte. Man kannte noch keine
Prachtgebäude in Rom; Jeder lebte hier von dem Ertrage sei-
ner Landwirthschaft, und nicht selten wurde der Landwirth hinter
seinem Pfluge weg in die Stadt geholt, um den Oberbefehl des
Heeres zu übernehmen. Kein Amt, keine glückliche Feldherrn-
schaft brachte Reichthum. Curius Dentatus und Fabricius Lus-
cinus starben so arm, daß der Senat für die Ausstattung der
Töchter sorgen mußte. — An wissenschaftliche Bildung ist noch
nicht zu denken; kaum daß man in Chroniken spärlich die wich-
tigsten Tagesbegebenheiten aufzeichnete. Noch kennt man keinen
eigentlichen Schriftsteller.
Zweiter Abschnitt.
Von der Unterwerfung Italiens bis zu den Gracchi-
schen Unruhen (264—133). Die Republik
in ihrer Blüthe.
§. 35. Der erste panische Krieg. 264—241.
Rom hatte sich hinlänglich als einen nach Vergrößerung
strebenden Staat gezeigt. Ein jeder Fortschritt in der Erobe-
rung hatte bisher immer neue Verwickelungen, Anlaß und Stoff
zu neuen Kriegen nach sich gezogen. Auch mit der Unterwer-
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387
auch die Erzieher der römischen Jugend wurden; da begann, un-
geachtet der ernstere Sinn der altern Römer sich dieser Rich-
tung widersetzte, eine gelehrte und vielseitigere Bildung. Eben
so begünstigten Lurus und Reichthümer, welche aus allen Theilen
der alten Welt nach Rom strömten, diese Umgestaltung des rö-
mischen Charakters nicht minder, als der Ehrgeiz der Römer,
welche die wissenschaftliche Bildung als Mittel zur Erreichung politi-
scher Zwecke benutzten. Die herrlichen Erzeugnisse des griechischen
Geistes in der Literatur erschlossen dem edleren und empfänglicheren
Theile der Nation eine neue Welt und weckten ungeahnte Gefühle.
Viele Große Rom's wurden Begünstiger und Förderer der grie-
chischen Wissenschaft; sie unterstützten griechische Gelehrte, Dichter
und Philosophen und suchten mit den Kunstschätzen auch Geist
und Sprache des besiegten Volkes nach Nom zu verpflanzen.
Eine eigentliche römische Literatur entstand deshalb erst um
das Jahr 240, in Folge jener Bekanntschaft mit den Griechen,
indem durch Livius Andronicus eine kunstgemäßere, der
griechischen nachgebildeten Poesie aufkam, welcher bald auch Ver-
suche in Prosa, und zwar historische Werke in annalistischer Form,
folgten. — Bereits in der Zeit vom Tode Sulla's bis zum
Tode des Augustus erlebte die römische Literatur durch den Einfluß
der griechischen ihr goldenes Zeitalter. In der ersten Hälfte
dieser Periode (der Ciceronianischen) blühete besonders die pro-
saische Literatur und erreichte in Beredsamkeit und Geschichte
ihren Höhepunkt; in der zweiten (der Augusteischen) die poeti-
sche, unter dem Einflüsse des Augustus und anderer Freunde
und Beschützer der Wissenschaften. Insbesondere wurde das Feld
der epischen und lyrischen Poesie angebaut. Übrigens blieb die
römische Literatur, wie früher, größtentheils Abbild und Wieder-
schein des griechischen Geistes. — Das silberne Zeitalter
von Augustus Tode bis zu Hadrian zeigt uns das allmälige
Sinken der römischen Literatur. Mit der sittlichen Entartung
entarteten auch der Sinn und der Geschmack für das Wahre,
Gute und Schöne. Man wollte das classische Zeitalter poch
überbieten, und dieses Streben artete in Übertreibung, Künstelei
und rhetorischen Schwulst aus. Dieser verdorbene Geschmack
zeigte sich nicht bloß in der Poesie, die ihre Einfachheit und
Natürlichkeit verloren hatte, sondern auch in der Prosa. Fast
25*
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Extrahierte Personennamen: Livius_Andronicus Augustus Augustus Augustus
399
Corn. Celsus, der wahrscheinlich unter dem Kaiser Tiberius
lebte und ein in 8 Büchern noch jetzt vorhandenes Werk, de me-
dicina, schrieb, das sich auch durch Reinheit und Schönheit der
Sprache empfiehlt. — Vitruvius schrieb unter Augustus
ein Werk über die Baukunst (de arclütectura) in 10 B., von
denen aber nur die sieben ersten noch vollständig vorhanden sind.
In diesem Werke wurde die Mathematik praktisch angewandt.
Über das Kriegswesen schrieb Vegetius (im Jahre 375
n. Chr.) das Werk: epitome institutionum roi militaris; über
den Landbau (de re rustica) schrieben M. Porcius Cato Cens.,
Ter. Varro und Columella, der unter dem Kaiser Claudius
lebte. — In der Epistolographie endlich geben uns die
noch vorhandenen Briefe des Cicero und des jüngern Pli-
nius lehrreiche Aufschlüsse über Personen und Zustände.
§. 87. Kunst, Handel und Gewerbe.
Auch in der Kunst sind die Römer wenig selbständig auf-
getreten, und Rom ist wohl der Sammelplatz von Kunstwerken
geworden, nicht aber die Schöpferin derselben. Fremde waren
es, anfangs Etrusker, dann Griechen, die ihre Kunst nach Rom
hinübersiedelten und diese Stadt mit den schönsten und großar-
tigsten Werken verherrlichten. Die Baukunst wurde schon
frühzeitig mit einer gewissen Vorliebe bei den Römern ausge-
übt, und die Etrusker waren hierin ihre ersten Lehrer. Mit
ihrer Hülfe wurden unter den Königen und noch eine geraume
Zeit während der Republik Tempel und andere öffentliche Ge-
bäude, wie das Capitolium, der Circus, die Cloaken, Wasser-
leitungen rc. aufgeführt, welche durch das Grpßartige der An-
lage und durch unverwüstliche Festigkeit sich auszeichneten und
noch jetzt in ihren Trümmern Staunen erregen. Durch die Er-
oberung Siciliens und Griechenlands wurden die Römer mit der
griechischen Kunst bekannt, und mit den aus diesen Ländern fort-
gefühvten Säulen, Statuen und anderen Kunstwerken schmückten
sie ihre Gebäude. Griechische Künstler, die seitdem fortwährend
nach Rom zogen und hier ihre Werkstatt aufschlugen, verdräng-
ten immer mehr den etruskischen Stil. Der Gebrauch des Mar-
mors und der griechischen Säulenordnu.igen, Schmuck und zier-
lichere Formen kamen auf. Die Tempel wurden größer und
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Tiberius Augustus Porcius_Cato_Cens Claudius
400
zierlicher gebaut; neben den Curien erhoben sich die prachtvoll-
sten Basiliken; Säulengänge und Hallen wurden häufiger ange-
bracht, und die griechische Kunst erlebte in Rom in den letzten
Zeiten der Republik und unter den ersten Kaisern eine neue
Blüthe. Die Kaiser suchten sich einander in der Verschönerung
der Weltstadt zu überbieten, und der Eifer hierin trieb sogar
manchen, wie den Nero, zu tollkühnen Unternehmungen. Bald
sank die Kunst selbst von ihrer früheren Höhe und verlor den
Charakter des Großen und Erhabenen. Das überhandnehmende
Streben, das bereits Vorhandene durch Neuheit und Mannig-
faltigkeit der Formen zu überbieten, führte, wie in der Litera-
tur, so auch in der Kunst zu einer Überladung mit prunkenden,
oft in's Alberne fallenden Verzierungen und Künstleien; und der
reine griechische Stil verlor sich nach der Negierung der Anto-
nine immer mehr. In Constantin's des Großen Zeit verfiel man
in den entgegengesetzten Fehler. An die Stelle der früheren
prunkenden Mannigfaltigkeit trat jetzt eine übertriebene, an das
Rohe grenzende Einfachheit. Mit dem Verschwinden eines leben-
digen Glaubens an die Götter des Heidenthums verfiel, wie die
alte Welt, so auch die Kunst.
Wie in der Baukunst, so sind auch in der Bildnerei
die Römer bloße Nachahmer der Etrusker und besonders der
Griechen geblieben. Etruskische Künstler verfertigten ihnen aus
Holz oder Thon die ältesten Bildnisse. Auch fanden sich schon
früh Statuen der Götter und Menschen in Rom, meist aus
Erz; allein kein Künstler römischen Ursprunges wird genannt.
Nachdem aber Marcellus, der ruhmvolle Eroberer von Syrakus,
eine Menge von Bildsäulen als Beute des Krieges heimgeführt
und den rohen Sinn seiner Mitbürger auf die Bewunderung
dieser Werke gerichtet hatte, da waren alle Feldherren bemüht,
durch Werke der Kunst ihren Triumphen einen neuen Glanz zu
verleihen. So Q. Flamininus, der Sieger Maeedoniens; so
M. Fulvius, der nach Besiegung der Ätolier 285 eherne und
230 marmorne Statuen aufführte. Wenige Jahre darauf feierte
Ämil. Paulus einen noch herrlicheren Triumph, bei welchem die
erbeuteten Statuen und Kolossen auf 250 Wagen geführt wur-
den. Nach einem kurzen Zeiträume sah Rom in einem Jahre
die Beute von Karthago und Korinth, und etwas später, bei
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Extrahierte Personennamen: Marcellus Paulus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Syrakus Maeedoniens Rom Karthago Korinth
401
dem Triumphe des Sulla, die Zierden des reichen Asiens zum
Capitole führen. So zogen fast in ununterbrochenen Triumphen
die schönsten Werke der griechischen Kunst nach Rom, anfänglich
ein Schmuck der Tempel und Märkte, dann aber auch der Häuser
und Villen der Großen. ') Seitdem wunderten auch aus allen
Städten Griechenlands die Künstler aus, siedelten sich in Rom
an, um hier für die Prachtliebhaberei und den Lurus der Gro-
ßen ihre Werkstatt zu eröffnen, und seit Sulla's Zeit war Rom
der Mittelpunkt des griechischen Kunstbetriebes. Nach den An-
toninen sank auch die bildende Kunst mehr und mehr.
Was die Malerei betrifft, so findet sich das erste Bei-
spiel von der Ausübung dieser Kunst in Rom um das Jahr
302 v. Chr., in welchem C. Fabius den Tempel der Salus
malte und daher den Namen Pictor erhielt, der in seiner
Familie erblich blieb. Plinius bemerkt hiebei, daß diese Malerei
zu seiner Zeit noch vorhanden gewesen sei. Derselbe Schrift-
steller führt an, daß sich auch der Dichter Pacuvius mit der
Malerei beschäftigt und namentlich im Tempel des Hercules auf
dem Forum zu Rom seine Kunst gezeigt habe. Doch wurde bis
auf Augustus fast nur von ausländischen, namentlich griechischen
Meistern, diese Kunst geübt. Die Gemälde stellten bald mytho-
logische, bald historische Scenen dar; insbesondere scheinen Schlacht-
gemälde beliebt gewesen zu sein. So wurde, nach Plinius, von
Scipio Asiaticus ein Gemälde, die „Schlacht bei Magnesia",
auf dem Capitol, und von Hostilius Mancinus ein anderes, die
„Eroberung von Karthago", auf dem Forum aufgestellt. In
Cäsar's Zeit kam die Portrait- und etwas später die Land-
schaftsmalerei in Schwung, letztere besonders auf Wänden. In
der Kaiserzeit wurde vorzüglich Frescomalerei auf den Wänden
angebracht. Seit den Antoninen sank, wie alle Kunst, so auch
die Malerei mehr und mehr. Besondere Aufnahme fand in
der letzten Zeit des einfiukenden Heidenthums die auch schon
früher bekannte Mosaik (opu« musivum), Gemälde auf Fußböden,
Decken und Wänden, die aus gefärbten Glasstiftchen oder feinen
bunten Sternchen zusammengesetzt waren.
\) Jacobs, über den Reichthum der Griechen an plastischen Kunst-
werken; eine akademische Rede.
Weiter, Geschichte der Römer.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Extrahierte Personennamen: Sulla Augustus Scipio_Asiaticus Scipio Hostilius_Mancinus Jacobs
Extrahierte Ortsnamen: Rom Griechenlands Rom Rom Rom
403
schulen, den s. g. ludi oder tabernae literariae, in welchen Lesen,
Schreiben, Rechnen, und außer der Muttersprache später auch
die griechische Sprache gelehrt wurde. Vornehme pflegten ihren
Kindern bis ¿um Eintritt in's männliche Alter einen Pädagogen
zur beständigen Begleitung und Beaufsichtigung bcizugeben. Hiezu
nahmen sie ältere und zuverlässige Sklaven oder Freigelassene.
Auch übernahmen diese bei der erforderlichen Bildung wohl selbst
den ersten Unterricht. Dieses geschah vorzüglich seit der nähern
Verbindung mit den Griechen/ als die Künste und Wissenschaften
dieser Nation in Rom Eingang fanden, und griechische Sprache
und Literatur mit in den Kreis des Iugendunterrichts gezogen
wurden. Seitdem kamen fortwährend gelehrte Griechen nach
Rom herüber und übernahmen hier die Bildung der Jugend.
Sie ertheilten Unterricht in der Geschichte, in der Poesie, Be--
redsamkeit und Philosophie. Die Beschäftigungen mit solchen
Wissenschaften erschienen als eines freien Römers besonders wür-
dig. Sie wurden als Humanitätöstudien bezeichnet, weil sie zur
Veredlung der menschlichen Natur vorzüglich wirksam sind
Für gymnastische Übungen stand das Marsfeld offen. 2m fünf-"
zehnten Jahre ward der junge Römer durch feierliche Überrei-
chung der männlichen Toga zum Staatsbürger erklärt und der
Aufsicht des Pädagogen entnommen. Gleichwohl setzte er seine
bisherigen Übungen fort; und um sich für den Staatsdienst
immer mehr auszubilden, schloß er sich von dem siebzehnten
Jahre ab an eine vornehme Magistratsperson, besonders an einen
berühmten Juristen und folgte genau seiner Leitung und Anwei-
sung. Früh am Morgen fand er sich in dem Vorzimmer dessel-
den ein v und hörte zu, wie denjenigen, welche kamen, um den
Rechtskundigen um Rath zu fragen, dieser ertheilt wurde. Ihn
begleitete er in die Volksversammlungen und Gerichtshöfe,'wo
die wichtigsten Verhältnisse des Staates wie der Familie zum
Vortrage kamen, und die herrlichsten Talente um den Sieg der
Beredsamkeit wetteiferten. Er ging auch wohl mit einem Prä-
tor in die Provinz ab, um auch diesen Geschäftökreis kennen zu
lernen. Selbst das Kriegslager war für ihn eine Schule nicht
bloß des pünktlichen Gehorsams und der aufopfernden Pflicht-
1) Artes, quibus aelas puerilis ad huinanitatem infovmaii solel. Cic..
ui. |t. Aichia poet. c. 111.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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